Die Kugel ins Rollen bringen

Die Kugel ins Rollen bringen

Echte Innovationen in der Plakatwerbung sind naturgemäß rar. Mit der Lenticular-Technik gelang es dem Donauwörther Druckdienstleister Staudigl, dem klassischsten Out of Home-Medium eine neue, zukunftsträchtige Facette hinzuzufügen.

Gemeinsam mit dem innovationsfreudigen Werbekunden SKL gelang die Umsetzung einer erstaunlichen Kampagne.

Von der Klassik zur Moderne – diese Zeitreise bleibt auch dem Werbeträger Plakat nicht erspart. Der Mut zur Veränderung, die Innovationen der Branche – all das kann dem „klassischsten“ aller Außenwerbemedien nur gut tun. Besonders die Großfläche kann von neuen Impulsen nur profitieren, besonders dann, wenn sie aus einer gemeinsamen Initiative von Dienstleistern und Werbekunden entstehen. Neue Techniken, die buchstäblich mehr „Bewegung“ in das zwar kreative, doch recht statische Werbemedium bringen, befruchten somit vielleicht auch wieder stärker die Tagesarbeit in der Agenturlandschaft. So macht derzeit die Süddeutsche Klassenlotterie (SKL) zum Start der neuen Serie am 1. Juni mit einer erstaunlichen Großflächenkampagne auf sich aufmerksam – und hebt sich damit wohltuend vom Einheitsbrei der Motive ab.

Animierte Plakate mit 3-D-Effekt sollen dem Betrachter förmlich ins Auge springen: Eine SKL-Gewinnkugel scheint sich dabei tatsächlich zu bewegen. Wer noch genauer hinschaut, erlebt das Motiv aus mehreren Perspektiven: Aus einer zeigt sie die Aufschrift „1 Million Euro oder 1.000 x 1.000 Euro“, aus der anderen das Wort „täglich“ – so kannte man das bislang nur von kleinformatigen Prismenbildern, die je nach Betrachtungswinkel ihr Motiv wechseln konnten.

Eine zusätzliche Dimension für das klassische Plakat

Dass es bislang noch nie gelungen war, diese Technik auf Großplakate zu übertragen, liegt auch an der Aufwändigkeit eines solchen Verfahrens. Und da Innovationen immer auch mit gehörigen Investitionen verbunden sind, ist in den meisten Mediengattungen die Lust auf kreatives Neuland gemeinhin immer noch recht überschaubar – getreu dem Motto: „Es läuft ja“. Doch die Verlockung, dem klassischen Werbemittel Plakat eine zusätzliche Dimension abringen zu können, war für Peter Mehrer, Geschäftsführer Staudigl Druck, Donauwörth, einfach zu groß: „Wir haben dazu irgendwann einfach eine eigene Kreativgruppe eingerichtet.

Zwar sprechen alle von großformatigen Flatscreens und Videobillboards, aber der überwiegende Anteil aller Plakate wird doch immer noch klassisch produziert und geklebt.“ Nun erschließen sich aus seiner Sicht mit dieser kombinierten Aktion aus Plakat und Prismenbild ganz neue Möglichkeiten, eine klassische Plakataktion aufzuwerten und das Image des Mediums positiv aufzuladen. Aufmerksamkeit ist eben auch in der Plakatbranche das Gold der Neuzeit.

Zenithmedia hat die Großflächen für die SKL-Kampagne nach mikrogeografischen Kriterien ausgewählt.

Über die Lenticular-Technik wird die Marke SKL im Bewegungsradius der Zielgruppe mit sympathischen Attributen aufgeladen.

Eine bereichernde Idee für alle Beteiligten

An den Betrachter gebracht wird die überraschende 3-D-Optik der SKL-Großflächen durch das so genannte Lenticular-Druckverfahren. Neu an dieser Technik ist die spezielle Kunststoffbeschichtung der Plakate, in die optische Linsen im Miniaturformat integriert werden. Damit gelingt es erstmals, Objekte wie eine rund gestanzte Lotteriegewinnkugel mit immerhin 65 Zentimetern Durchmesser auf Großflächenplakaten zu animieren. Mit diesem „Linsenraster“-Bild lässt sich bei Bedarf neben dem räumlichen Eindruck auch eine Bewegung oder ein Bildwechsel bei Änderung des Blickwinkels erzeugen. Als Klebehilfe ist diese Gewinnkugel auf dem 18/1 Plakat standgenau auch noch einmal abgebildet. Natürlich wollte man bei Staudigl-Druck diese Idee einer möglichst breiten Öffentlichkeit vorstellen und sah sich so nach einem Kunden um, der mutig genug war, einen vergleichsweise „neuen“ Weg mit zu gehen.

Die SKL nutzte als erstes Unternehmen die Gunst der Stunde. „Von der Idee, dem traditionellen Werbemittel Plakat einen neuen Aspekt hinzuzufügen zu verleihen, waren wir sofort begeistert“, sagt Anne Kohl, Bereichsleiterin Marketing und PR der SKL. Insgesamt eine bereichernde Idee für alle Beteiligten, denn auch die beauftragte Mediaagentur ist über neue Facetten im Traditionsmedium dankbar. „Wir haben die Großflächen nach mikrogeographischen Kriterien für die SKL ausgewählt, mit der Lenticular-Technik gewinnen diese zusätzlich an Attraktivität“, befindet Ellen Reichert, Senior Mediaplanerin bei Zenithmedia München. „Damit gelingt es uns, schnell Reichweite aufzubauen und die Marke im Bewegungsradius der Zielgruppe mit sympathischen Attributen aufzuladen.“ Starttermin der Kampagne mit über 3600 Großflächen war der 6. Mai 2011. In kleinerem Maßstab werden die animierten Plakate auch in den Verkaufsstellen der SKL die Blicke auf sich ziehen.

Neue Techniken helfen dem Plakat

Helmut König von Staudigl-Druck, Donauwörth, über das Innovationspotenzial neuer Techniken wie der Lenticular-Methode und die Zukunftsperspektiven des klassischen Plakats.

PLAKATIV: Herr König, ein Prismenbild auf ein geklebtes Großflächen-Plakat aufzubringen – darauf muss man erst einmal kommen…

HELMUT KÖNIG: Wir beschäftigen uns ja schon seit geraumer Zeit damit, Plakate räumlicher, farbiger, kontraststärker zu produzieren. Vereinfacht gesagt, „anders“, eben um eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Betrachter zu erreichen. Es gab viele unterschiedliche Umsetzungen wie etwa Feinraster auf dem Plakat. Oder das so genannte Aniva Farbsystem, mit dem man eine kontraststärkere Farbigkeit und höhere Farbpigmentierung erreicht. Die Unterschiede zum konventionellen Druck sind aber für den Laien nicht immer sichtbar, da dort natürlich der direkte Vergleich zum konventionellen Druck fehlt. Im Jahre 2010 ist dann die Idee mit dem Lenticularbild als Überkleber für die Großfläche entstanden.

PLAKATIV: Welche Chancen bietet denn die – durchaus recht aufwändige – Lenticular-Technik dem klassischen Plakat?

KÖNIG: Viele. Wir haben durch umfangreiche Versuche die optimale Linsenform heraus gefunden, welche auch noch bei hohen Betrachtungsabständen funktioniert. Die Rückseite der so genannten „Lentiüberkleber“ wird dabei mit einem Spezialkleber selbstklebend ausgerüstet. Insgesamt erfordern Lenticular-Aktionen eine ganz spezielle Software, welche ermöglicht, die Daten so aufzubereiten, dass eine Animation entsteht. Kleinere Formate lenticular umzusetzen ist übrigens etwas leichter möglich, es gibt aber nur wenige Maschinen und noch weniger Anbieter, die mit dieser Bewegtbildtechnik überhaupt Erfahrung haben. Mit der Firma Vogt Druck in Hessisch Lichtenau haben wir schließlich den führenden Anbieter für 3D-Bilder gefunden und auch dafür begeistert. Somit können wir heute bis zum Format 70 x 100 cm ein „bewegtes“ Bild erstellen.

PLAKATIV – 02 – 2011